Darmentzündung und Herzinfarkt

Artikel .1215 vom 27.02.2023


Merkwürdige Kombination. Was hat denn das Eine mit dem Anderen zu tun? Nun – ganz einfach: beides sind Entzündungen. Vor dem Herzinfarkt steht die Entzündung der Innenwände Ihrer Blutgefäße. Wissen Sie. Und Darmentzündung, Colitis, heißt ja schon so...

Wenn man sich mal ein bisschen löst von der Primitiv-Medizin, der Schulmedizin, die für jede Krankheit eine eigene Tablette sucht, wenn man ein bisschen über Prinzipien nachsinnt, kommt man leicht drauf. Ein Mittel, das gegen die eine Entzündung, nämlich Herzinfarkt, hilft, könnte ja wohl auch hilfreich sein bei der Darmentzündung.

Könnte. Nun ja: ist auch so. Eines der wirksamsten Mittel, Herzinfarkt zu verhindern, nämlich zu 70%, ist Vitamin E. Diese Erkenntnis, (bewiesen doppelblind, Placebo-kontrolliert) schlug ja seiner Zeit wie eine Bombe ein (News vom 04.07.2017, com.).

Wie eine Bombe? Ja, möglicherweise bei vielen interessierten Patienten. Beim Hausarzt, beim Kardiologen doch wohl eher nicht. Da herrschen mittelalterliche Glaubenssätze...

Hat man also etwas Eigenartiges versucht: Colitis-Patienten, also Menschen mit blutiger Darmentzündung, bekamen 12 Wochen lang Vitamin E (als Zäpfchen) mit 8.000 I.E.. Resultat? Zwei Drittel der Patienten hatten danach keinerlei Probleme mehr (World J. Gastroenterology 2008; 14(39):5990). Für mich, der in einer Colitis-Klinik groß wurde, sensationell.

War nichts weiter als die Anwendung eines Prinzipes: Vitamin E gegen Entzündung. Sie könnten hier selbst weiter denken. Was steckt dahinter? Lassen Sie mich zitieren:

„Vitamin E ist bekannt für seine antioxidative Wirkung. Es entschärft freie Radikale. Besonders viele freie Radikale entstehen während Entzündungsreaktionen wie sie bei chronischen Darmproblemen herrschen. Das Vitamin kann aber auch schädliche Bakterien aktiv bekämpfen und verändert die Zusammensetzung des MIKROBIOMS."

Und wie gelingt dies? Ziemlich raffiniert. Weiter zitiert:

„Viele Bakterien benötigen Schleim, um sich zu vermehren. Dabei handelt es sich um einen anderen Schleim als den von der Darmschleimhaut hergestellten Mukus. Den Schleim, den die Bakterien benötigen, stellen sie selbst her. Er wird auch Biofilm genannt. Vitamin E greift diesen Biofilm an und unterbindet somit die Vermehrung einiger schädlicher Bakterien. Vitamin E wirkt dabei nur gegen den Schleim, den die Bakterien herstellen. Der Mukus bleibt unberührt.

In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass Vitamin E das Mikrobiom positiv beeinflusst. Dabei ist nicht klar, ob die Abnahme von Entzündungsreaktionen oder die Wirkung gegen schädliche Bakterien oder eine Mischung aus beiden Veränderungen zu diesem Effekt führt." (Nutr. Res. 2021;95:35).

Dieses „dabei ist nicht klar ..." ist mir mittlerweile ziemlich wurscht geworden. Ich muss nicht immer unbedingt die exakten biochemischen Hintergründe kennen. Mir genügt es, wenn Sie (nach viel mehr) Vitamin E mich anstrahlen und sagen:

„Danke, Doktor! Mein Darm ist wieder gesund."

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