Hilflosigkeit in Leipzig.

Ein typisches Beispiel für Resignationsmedizin liefert uns Professor U. Hegerl, Direktor der Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Leipzig. Fachmann für Depression, für Suizid. Ein schmaler, fit wirkender Intellektueller mit randloser Brille. Guter Eindruck.

Der zunächst so völlig richtig betont, dass Depression eine organische Erkrankung sei. So etwas wie Diabetes oder Parkinson. Und nicht nur eine "vorübergehende Befindlichkeitsstörung als Reaktion auf Stress oder bittere Lebensumstände".

Vielmehr sind Hirnfunktionen gestört. Depression sei

  • Stress für den ganzen Körper und gehe mit höherem Blutdruck, Muskelverspannungen und beschleunigtem Herzschlag einher. Die Lebenserwartung sei im Durchschnitt um 10 Jahre verkürzt.

Goldrichtig. Depression ist kein wischiwaschi, ist kein dunkles Wölkchen, das die Seele verdüstert, sondern eine organische Erkrankung. Aber jetzt kommt’s. Professor Hegerl meint doch tatsächlich:

  • Der wichtigste Grund für die Erkrankung ist eine Veranlagung, die genetisch bedingt ist oder durch frühe traumatische Erfahrungen erworben sein kann.

Da haben wir’s wieder. Sie haben keine Chance. Wenn Sie nun einmal der Typ sind, erwischt es Sie. Denn, jetzt wird´s ganz schlimm:

  • "Einen Laborwert für Depression oder Suizidgefährdung gibt es leider bisher nicht".

Wir müssen´s also erahnen. Dafür braucht es Spezialisten. Ausgebildete Psychiater und Psychotherapeuten.

Erahnen? Doch, doch: Denn, so Professor Hegerl

  • mit psychologischen Tests lassen sich… keine "Depressionen entdecken".

Hilflosigkeit, Resignation auf er ganzen Linie.

So ganz anders Frohmedizin. Molekularmedizin. Naturwissenschaft. Wir Messen und Wissen. Wir müssen nicht "ahnen". Beispiel gefällig?

PGC – 1a1

So nennt man ein Protein. Einen Eiweißkörper. Der wird nach mehrwöchigem Training verstärkt in den Muskeln hergestellt. Und wirkt "bis ins Hirn" (Zitat). Und was bewirkt es da?

  • Macht Menschen wehrhaft gegen Stress.

  • Kann auf diese Weise vor Burn-out und Depressionen schützen.

Bewiesen 2014 (Zeitschrift Cell) im Karolinska Institut in Stockholm. An Mäusen, die man mit Krach und Blinklicht im Schlaf gestört hat, bis sie die typischen Symptome einer Depression zeigten.

Außer die hatten viel PGC – 1a1 im Blut. Dann blieben sie gesund. Blieben immun gegen die Störung.

Das war´s auch schon. Sehen Sie: Das ist Naturwissenschaft. Freilich beruht diese Art der Medizin nicht auf dem Übervater, dem Psychiater, der sich dir hilfreich entgegenneigt, sondern beruht auf

DIR SELBST

Eigenverantwortung. Tun. Du musst rennen. Du musst dich bewegen. Du musst Sport treiben. Du musst deine Muskeln benutzen. Wozu haben wir die eigentlich? Und dann wird über sinnreiche Mechanismen der Natur der Mensch vor Depressionen geschützt.

Nennt man Epigenetik. Kann schon sein, dass jemand genetisch benachteiligt ist (bin ich auch), kann schon sein, dass der Mensch früher Traumata durchgemacht hat, wie Professor Hegerl meint (hab ich auch), nur: Deswegen ist der Mensch doch nicht hilflos. Doch nicht andern ausgeliefert. Er kann sein Leben selbst in die Hand nehmen. Er kann sich Schutzfaktoren in der Muskulatur (!!!) selbst schaffen. Produzieren. Und sich schützen.

Eine völlig neue Betrachtungsweise in der Medizin. Nicht mehr das hilflose ausgeliefert sein, sondern das "sich Mauern bauen". Wird mir persönlich immer wichtiger. "Sich schützen" durch eigenes Tun.

Neugierige Frage: Wie schützen Sie sich? Gegen die täglichen Zeitungsmeldungen zum Thema Flüchtlingskrise? Gegen diese ungeheuerlichen Lügen, Vertuschungen, Schönrednereien? Wie machen Sie das? Eigentlich müssten wir alle doch längt in Depressionen versunken sein, oder?

Und dann kommt Orban und reibt uns ein: Ihr Deutschen seid Schuld an diesem ganzen Elend. Und begründet das. Unwiderlegbar. Seither brauch ich eine ganz, ganz dicke Mauer.

Quelle: DER SPIEGEL 15/2015, Seite 28

DER SPIEGEL 32/2015, Seite 92